Am 7. und 8. September veranstaltete das Ludwig-Erhard-Forum für Wirtschaft und Gesellschaft seine Eröffnungskonferenz zum Thema: „Quellen des deutschen Antikapitalismus – Neue Wege zu einem Versöhnungswunder mit der Marktwirtschaft“. Den Auftakt zu den zwei Konferenztagen gab Bundestagspräsident a.D. Dr. Wolfgang Schäuble mit einem Vortrag zu Antikapitalismus in der Politik.

Zu Gast in den Räumlichkeiten der Deutschen Bundesbank in Berlin veranstaltete das Ludwig-Erhard-Forum die erste Auflage seiner wissenschaftlichen Konferenzreihe zur Aktualität der Ordnungsökonomik. An den zwei Konferenztagen sollte einer der emotional aufgeladensten und am stärksten umkämpften Begriffe der Moderne thematisiert werden: der Kapitalismus. Gemeinsam mit Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Wirtschafft, Politik und Publizistik thematisierte man die Ursachen und Auswirkungen einer Kritik an der Marktwirtschaft, die sich historisch wie gegenwärtig in den öffentlichen Debatten nicht selten in einer grundsätzlich antikapitalistischen Tonalität äußert. Im Zentrum der Diskussion stand die Frage, wie eine Rezeption dieser Kritik der Sozialen Marktwirtschaft wieder zu mehr Glaubwürdigkeit verhelfen kann.

Am ersten Tag erläuterten die Referenten verschiedene Narrative und Gründe für die Ablehnung marktwirtschaftlicher Ordnungen, vor allem im deutschen Kontext. Die vornehmlich historische Diagnose, welche den Schwerpunkt des ersten Tages ausmachte, kam aus vier unterschiedlichen Perspektiven: Bundestagspräsident a.D. Dr. Wolfgang Schäuble MdB und Prof. Dr. Karen Horn (Universität Erfurt) diskutierten den Antikapitalismus in der Politik. Vor dem Hintergrund immer wieder aufkeimender antikapitalistischer Grundstimmungen in der deutschen Geschichte gab Schäuble zu bedenken: „Ohne den bald Wirtschaftswunder genannten wirtschaftlichen und sozialen Wiederaufbau unseres Landes wäre die Schaffung einer stabilen rechtsstaatlichen Demokratie damals wohl auch nicht so leicht gelungen.“ Ralf Fücks (Zentrum Liberale Moderne) sprach im Rahmen eines Lunchtalks über die Kritik am Grünen Kapitalismus, der in der Umweltbewegung häufig als eine Art „Don­qui­chot­te­rie“ angesehen werde. Fücks zeigte sich zuversichtlich, dass eine nachhaltige Marktwirtschaft, die das Wirtschaftswachstum vom Naturverbrauch entkoppelt, die Lösung für eine dramatische ökologische Krise sein könne. Im Anschluss beschäftigten sich Prof. Dr. Albrecht Ritschl (London School of Economics and Political Science) und Prof. Dr. Gerhard Wegner (Universität Erfurt) mit dem rechts- und linkspolitischen Antikapitalismus in den Sozialwissenschaften. Jürgen Kaube (Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung) und Prof. Dr. Richard Sturn (Universität Graz) sprachen in der folgenden Sitzung über Antikapitalismus in Literatur und Philosophie. Der erste Konferenztag endete mit den Beiträgen von Prof. Dr. Joachim Zweynert (Universität Witten/Herdecke) und Linda Teuteberg MdB zum Erbe der Planwirtschaft als zusätzliche Quelle der antikapitalistischen Mentalität in den Neuen Ländern.

Vor dem Hintergrund der Diagnosen des Vortages stand am zweiten Konferenztag die Frage im Zentrum, wie neues Vertrauen in die Soziale Marktwirtschaft geweckt werden kann. Nach der Eröffnungsrede vom Vorsitzenden der Ludwig-Erhard-Stiftung, Prof. Dr. h.c. mult. Roland Koch, beleuchteten Jasmin Arbabian-Vogel (Unternehmerin und Präsidentin des Verbands deutscher Unternehmerinnen) und Prof. Dr. Michael Wohlgemuth (Forschungsbeauftragter der Stiftung für Staatsrecht und Ordnungspolitik – Liechtenstein), wie Vertrauen in das Unternehmertum gestärkt werden kann: Frau Arbabian-Vogel betonte, dass Erfolgsgeschichten innovativen Unternehmertums öffentlichkeitswirksam kommuniziert werden sollten; Wohlgemuth erläuterte das theoretische Narrativ vom Unternehmertum in seinen Varianten bei Schumpeter und Hayek. Wie Vertrauen in marktwirtschaftliche Lösungen durch ökonomische Bildung entsteht, war die Fragestellung von Dr. Barbara Dorn (Abteilungsleiterin Bildung bei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände) und Prof. Dr. Nils Goldschmidt (Universität Siegen und Vorsitzender der Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft). In der folgenden Sitzung referierten Burkhard Balz (Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank) und Prof. Dr. Michael Heise (Chefvolkswirt der HQ Trust GmbH) darüber, wie der Vertrauensaufbau durch Teilhabe am Kapitalmarkt gelingen kann. Zum Abschluss der Konferenz gaben Prof. Dr. Andreas Löschel (Ruhr-Universität Bochum) und Prof. Dr. Karen Pittel (Leiterin des Zentrums für Energie, Klima und Ressourcen am ifo Institut) Einblicke in ihre aktuelle Forschung zur Klimapolitik. Beide Ökonomen zeigten auf, wie marktwirtschaftliche Lösungen zum Kampf gegen den Klimawandel beitragen. Dabei gingen sie unter anderem der Frage nach, wie die Glaubwürdigkeit von marktwirtschaftlichen Mechanismen hergestellt werden kann.

Bilder von den zwei Konferenztagen in der Girohalle der Deutschen Bundesbank in Berlin: