Am 18. April 2023 fand eine gemeinsame Veranstaltung des Deutschen Stiftungszentrums und des Ludwig-Erhard-Forums für Wirtschaft und Gesellschaft im Rahmen der Berliner Stiftungswoche statt.
Klima, Pandemie, Krieg, Inflation und schwindender gesellschaftlicher Zusammenhalt – wir leben in einer Zeit der Dauerkrise, in der vieles bedroht ist, was lange als selbstverständlich galt. Mit Blick auf die sozialen, wirtschaftlichen, politischen und ökologischen Systeme erscheinen Kippmomente allgegenwärtig und die Grundlagen von Prosperität und gesellschaftlichem Fortschritt gefährdet. Angesichts dieser neuen Fragilität – eine Fragilität, die den Generationen X, Y, und Z wohl nur noch aus Geschichtsbüchern bekannt sein dürfte – fällt es schwer, nicht die Zuversicht zu verlieren.
Doch Resignation ist keine Alternative. So steht auch der Begriff „Krise“ in seiner ursprünglich griechischen Bedeutung nicht für Kollaps, Endzeit oder Zusammenbruch, sondern für die Beurteilung und Entscheidung an einer Weggabelung. Mit anderen Worten: für das, worauf es ankommt, wenn man mit den Herausforderungen des Wandels konfrontiert wird. Anstatt also zu resignieren, heißt es jetzt viel mehr, Gesellschaft zu gestalten – zum Besseren. Doch wer übernimmt dabei die notwendige Verantwortung? Wer kann sie in einer pluralen, demokratischen Gesellschaft überhaupt übernehmen? In welche Richtung soll es gehen? Und wie lässt sich vor allem auch durch gesellschaftspolitisches Engagement – im Großen wie im Kleinen – die angespannte Lethargie der Dauerkrise überwinden?
In einer angeregten und diskussionsfreudigen Runde trafen am 18. April Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft, Stiftungswesen und Sport in einem Panel zusammen, um vor der geschichtsträchtigen Kulisse des Brandenburger Tors im Allianz Forum zu diesen Fragen zu debattieren.
Unter der Moderation des Fernsehjournalisten Michael Krons trat der Leiter des Ludwig-Erhard-Forums für Wirtschaft und Gesellschaft, Prof. Dr. Stefan Kolev, für ein stärkeres Engagement von Zivilgesellschaft und Stiftungen für die Wissenschaft ein. Allgemein plädierte er trotz Dauerkrise für eine positive Lesart des Erreichten während der Nachkriegsjahrzehnte und für Optimismus bei der Lösbarkeit der aktuellen Probleme. Seinen Appell bezog er nicht nur auf die Selbstverantwortung der Zivilgesellschaft, sondern auch auf eine nachhaltige Politik. Denn auch wenn Wahlzyklen und das dadurch bedingte kurzfristige Denken existierten, erinnere die Ordnungspolitik wie auch die Soziale Markwirtschaft „den Bürger und Politiker daran […], dass man eine Nachwelt hat und für diese Nachwelt entsprechend wirtschaften soll. Sei es im Forst oder mit den Ressourcen, mit denen eine Demokratie umgeht“.
Auch Sarna Röser, Bundesvorsitzende von Die Jungen Unternehmer, sprach sich für mehr Engagement einer jungen Unternehmergeneration aus, die für Verantwortung und Risiko bereit sei und dabei ein langfristiges Denken als unabdingbar sehe: „Ich glaube, wir brauchen eine nachhaltige Sichtweise und auch Handlungen von der Politik, weil das unsere Zukunft bestimmt“.
Matthias Schmolz, Geschäftsführer des Deutschen Stiftungszentrums, hob in diesem Zusammenhang die Unabhängigkeit von Stiftungen als deren Stärke hervor. Stiftungen könnten sich langfristig Themen widmen und müssten sich nicht wie Unternehmen am Markt bewähren oder sich wie in der Politik immer wieder Wahlen stellen.
Neven Subotić, Stifter und Leiter der well:fair foundation (Neven Subotic Stiftung), stimmte Schmolz zu und setzte sich vehement für mehr Chancengerechtigkeit vor allem im Bildungsbereich und für Menschen mit Migrationshintergrund ein.
Die Stifterin Ute Schütt warb schließlich für eine Bündelung der Kräfte im Stiftungssektor, um mehr Wirkung erzielen zu können. Gerade im Bildungsbereich sollten sich gemeinnützige Organisationen besser vernetzen, voneinander lernen und verstärkt kooperieren.
Hier geht’s zum Bericht vom Deutschen Stiftungszentrum (mit Video): Bewegte Zeiten: In welcher Gesellschaft wollen wir leben?
Bilder von der Veranstaltung: