Über den Sinn und Unsinn von Verwaltung und die Frage „Setzt Zähmung der Bürokratie eine neuartige EU voraus?“ diskutierte beim Ludwig-Erhard-Forum Dr. Franziska Brantner, MdB (Bündnis 90/Die Grünen) mit Christoph Werner (Vorsitzender der Geschäftsführung der Drogeriemarktkette dm).
An alter Wirkungsstätte des Ludwig-Erhard-Forums – im MINDSPACE am Checkpoint Charlie – fand am 02. Juli die sechste Auflage der Zivilisierten Provokation statt. Zu Gast war diesmal die Parlamentarische Staatssekretärin Dr. Franziska Brantner, die zum allgemeinen Reizthema Bürokratie mit der These zu provozieren wusste: Keine Verwaltung ist auch keine Lösung! „Bürokratie“, so betonte die Grünen-Politikerin, „ist auch für einen fairen Wettbewerb nötig. Dieser Tage ist eine Verwaltung, die funktioniert und gescheite Regeln durchsetzt, auch relevant für Innovation und Wettbewerb.“
Eine durchaus andere Auffassung vertrat ihr Konterpart auf dem Podium, Christoph Werner. Der Unternehmer und Vorsitzende der Geschäftsführung der Drogeriemarktkette dm entgegnete: „Was wir in Europa beobachten können, ist, was in jeder Organisation passiert: Die Organisationen fangen an, sich zunehmend mit sich selbst zu beschäftigen und die Bürokratie administriert sich zunehmend selbst“.
Es entwickelte sich eine lebhafte Diskussion um die Frage, wie viel Bürokratie für einen modernen Staat und eine liberale Demokratie sinnvoll sei und wie trotz allem notwendige Regulierung gestaltet werden müsse. Die zwei Diskutanten brachten dabei unterschiedliche Perspektiven aus persönlicher wie beruflicher Erfahrung ein und beleuchteten die Herausforderungen und Chancen einer effizienten Verwaltung – insbesondere mit Blick auf die Europäische Union.
So warnte Werner vor einer zunehmenden Zentralisierung und Zweckentfremdung der EU und verwies auf das Subsidiaritätsprinzip. Er wies darauf hin, wie wichtig es aus unternehmerischer Perspektive sei, ein gesundes Gleichgewicht zwischen Umsetzungstreue und Freiräumen zu schaffen. Brantner schlug hingegen vor, zufällig ausgewählte Bürger- und Unternehmerräte einzuführen, die bei Gesetzgebungen konsultiert werden würden, um die Auswirkungen der Regulierungen unmittelbar zu spiegeln. Durch das direkte Einbeziehen in den Gesetzgebungsprozess solle zudem die Selbstverantwortung der Bürgerinnen und Bürger gestärkt werden.
Die Diskussion verdeutlichte die Komplexität des Themas. Mit Blick auf die Gestaltung einer effizienten wie effektiven Verwaltung für die EU traten zahlreiche Ziel- und Interessenskonflikte zutage. Wie üblich bot sich dem Publikum im Anschluss an das Streitgespräch die Gelegenheit, sich aktiv an der Diskussion zu beteiligen und eigene Standpunkte einzubringen. Die Zivilisierte Provokation warf ein inspirierendes Schlaglicht auf ein weites ordnungspolitisches Problemfeld, das Wirtschaft und Gesellschaft noch lange beschäftigen wird.
Hier geht’s zum Video: Zivilisierte Provokation (6): Keine Verwaltung ist auch keine Lösung!
Bilder von der Veranstaltung: